Kirchliche Verhältnisse in Tuttlingen vor dem Stadtbrand


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Kirchen, Kapellen und Klöster in Tuttlingen

Ausstattung der Tuttlinger Kirchen

Kirchenmusik in Tuttlingen

Liste der Geistlichen in Tuttlingen





Für viele Orte im ehemaligen Bistum Konstanz findet sich die erste Erwähnung einer Pfarrkirche im „Liber decimationis“, einem zum Zweck der Einziehung eines päpstlichen Kreuzzugszehnts 1275 auf Latein angelegten Amtsbuch, das einen weitgehend vollständigen Überblick über die damals bestehenden Pfarreien des Bistums vermittelt. Doch nicht für Tuttlingen.

Tuttlingen kam schon vor 799, dem Todesjahr des fränkisch-alemannischen Grafen Gerold, einem Schwager Karls des Großen, durch Schenkung in den Besitz der Abtei Reichenau. Gerold ließ Reichenau eine umfangreiche Schenkung mit Gütern am oberen Neckar, am Albrand und an der Donau zukommen. Der Abt der Reichenau war somit Patron und Lehensherr von Tuttlingen. Die Pfarrei Tuttlingen gehörte im Bistum Konstanz zum Erzdiakonat ante nemus (vor dem Wald).

Hinreichend wohlhabende Laien, auch Kleriker, ebenso geistliche Gemeinschaften bauten für sich selbst oder die Bewohner ihrer Güter Kirchen, sofern sie materiell in der Lage waren, ein geeignetes Grundstück zur Verfügung zu stellen, den Kirchenbau zu errichten und die Kirche mit einer dos (materielle und liturgische Ausstattung) auszustatten. Auch Graf Gerold oder der spätere Besitzer des Dorfes, das Kloster Reichenau, hatte in Tuttlingen eine frühe Kirche gegründet. Diese befand sich auf dem Gebiet der alten alemannischen Siedlung. Besonders in der Übergangszeit der Christianisierung wurde die zentrale und aus heidnischen Zeiten her vertraute Lage der Kirche betont.

Im Falle von Verlegung oder Neugründung einer bestehenden Siedlung (die für Tuttlingen nach neuesten Ergebnissen der Archäologie mit dem Beginn des Steinbaus ab etwa 1200 anzusprechen wäre) war häufig ein Kirchenneubau nicht einmal vorgesehen, sondern die alte Pfarrei oder Dorfkirche, nicht selten vor den Mauern der jungen Stadt gelegen, blieb bis auf weiteres für die Bewohner der Neuanlage zuständig. Als Beispiel hierfür dient auch Villingen, wo sogar das neuerbaute Münster das ganze Mittelalter hindurch nur als Filialkirche der älteren Marienpfarrei geführt wurde.